Beratung wird bei uns mit * geschrieben
So hieß (in Spanisch) ein Junge, der sich nicht wie ein Junge benimmt, sondern wie ein Mädchen. Der Junge hatte nichts falsch gemacht, er war einfach weiblich/feminin in seinen Bewegungen. Das war alles. Und deshalb musste er sich in der Pause verstecken. Schnell habe ich damals verstanden, wie gefährlich und belastend es sein kann, anders zu sein.
Sicherlich kennen auch Sie solche kleinen Geschichten vom Anders-Sein, egal auf welcher Seite Sie dabei waren. Je pluralistischer unsere Umgebung wird, desto vielfältiger werden unsere Erfahrungen mit der Verschiedenheit von Menschen und der Notwendigkeit, sich damit auseinander zu setzen.
Die Geschichte unsere Beratungsstelle spiegelt die gesellschaftlichen Veränderungen in der Stadt, im Landkreis Karlsruhe und insgesamt. Als "Beratungsstelle für Beziehungen" erleben wir in den täglichen Begegnungen wie sich Identitäten, Beziehungen und Lebensformen wandeln. Leben und Lieben, das, was wir darüber glauben und davon erwarten, unterliegt einem stetigen Prozess der Veränderung.
In den 50er Jahren, als die Stelle gegründet wurde, war die Beratung auf "Eheleute und Verlobte" beschränkt. 1994 nannten wir uns um in "Ehe-, Familien- und Partnerschaftsberatung", damit deutlich wurde, dass alle, die sich als Paar oder Familie verstehen, kommen können, nicht nur verheiratete Paare.
1999 fand die erste französische Beratung durch eine muttersprachliche Beraterin statt und es kam der Bereich der interkulturellen Paar- und Lebensberatung hinzu. Heute beraten wir in acht Sprachen (inkl. Gebärdensprache) und der kulturell-biografische Hintergrund hat sich als fester Teil unsere Fachkompetenz etabliert.
Unsere Arbeit ist somit über die Jahre und Jahrzehnte immer vielfältiger und integrativer geworden, eben diverser.
Seit ein paar Jahren kommen nun zunehmend Menschen zu uns, die in unterschiedlichen Beziehungsformen leben. Ferner suchen uns Menschen auf, die sich in ihrer eigenen Identität nicht immer mit den Worten Mann/Frau/heterosexuell/monogam identifizieren. Diese Klient*innen bringen neue "Begriffe" in unsere Beratungsstelle: Outing, Regenbogenfamilie, Polyamorie, Transsexualität etc. Sie erzählen von ihren Outingprozessen; den Schwierigkeiten und Glücksmomenten ihres homosexuellen Lebens; dem Aufwachsen in einer heterosexuellen Familie und den Herausforderungen, die das Verlassen des bisherigen monogamen oder heterosexuellen Lebens mit sich bringen kann. Sie bringen gleichzeitig die Sehnsucht, die alle unsere Klient*innen teilen: den Wunsch verstanden und unterstützt zu werden in Sachen "Leben und Lieben" - was letztendlich unsere Kernaufgabe ist.
Auf diese neuen Lebensaspekte reagieren wir, wie wir uns auch den früheren Veränderungen der Gesellschaft angenähert haben: zuerst mit Neugierde, dann Selbstreflektion, Supervision, Teamfortbildung und persönlicher Weiterbildung.
Damit hoffen wir alle, die zu uns kommen, gerecht beraten zu können. Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Biographien, in Akzeptanz der individuellen Identität und suchend nach den persönlichen Ressourcen der Klient*innen, damit sie gut ihre Lösungen für Probleme, Krisen und Herausforderungen finden.
Wir begleiten Sie gerne auf dem Weg. Anders-sein sollte nicht mehr versteckt oder als Problem eingeordnet werden. Anders-sein, die gegenseitige Akzeptanz der menschlichen Vielfalt ist ein Teil der Lösung.
Herzlich willkommen!