Backe, backe Kuchen
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Der Wunsch nach Anerkennung (und wenn dies nur meine eigene wäre) und der Wunsch nach Freizeit - beides war da. Vor dem Backregal ging es in meinem Kopf hin und her. Zu welcher Gruppe möchtest Du gehören? Zu denjenigen, die es "gut machen" oder zu denen, die es einfach und leicht haben?
Einerseits wollte ich es gut machen. Ein schöner Kuchen, mit dem ich vor meiner Familie stolz dastehe, nach dem sich alle die Finger lecken - so gut ist er geworden. Anderseits war in meinem Kopf diese verführerische Idee: Wenig Aufwand, maximale Wirkung und Zeit für Dich, darum geht es doch (sagt ja auch die Werbung).
Ich habe ich mich also gefragt: Darf ich mich von dem Bild der guten Hausfrau und Mutter absetzen? Ich spürte den Druck meines eigenen inneren Bildes, nämlich eine gute berufstätige Hausfrau sein zu wollen und ich spürte den dringenden Wunsch "es leicht haben zu dürfen" und trotzdem akzeptiert zu werden.
Was eine vergleichsweise kleine Szene im Supermarkt alles beinhalten kann!
Denn eigentlich geht es nicht um die Qualität meines Kuchens. Sondern an diesem Beispiel wird deutlich, welcher Prozess in uns abläuft, wenn wir vor zwei Alternativen stehen, die sich nicht einfach vereinbaren lassen. Man könnte auch sagen, es ist der Konflikt zwischen " Ich soll" und "Ich will".
Oft steht das "Ich soll" für etwas, das wir als positiv wirkende Kraft in unserem Leben sehen. Es macht definitiv Arbeit, aber es war vielleicht eine Lösung, die wir in schwierigen Etappen des Lebens angewandt haben. Es war oder ist ein Verhalten, das sich positiv auf Frust oder Angst auswirkt. Durch eine bessere Leistung bekomme ich Anerkennung; durch meine Rücksicht auf andere werde ich mit ihnen verbunden, habe soziale Kontakte und Freunde; durch Organisation und Ordnung beseitige ich das Chaos.
Auf der gegenüberliegenden Seite des Spektrums sitzt das "Ich will". Unsere Sehnsucht. Das, was ich mir zu wenig oder kaum erlaubt habe, oder was damals nicht möglich war. Und jetzt ist vielleicht die Zeit angekommen, zu der ich es ausprobieren kann/will.
Wie kann ich mich zwischen zwei Verhalten entscheiden, die sich für mich gleichermaßen positiv und negativ auswirken können?
Es ist ein Thema, das uns durchs Leben begleitet: Die Ambivalenz zwischen wollen und sollen ist oft da. Soll ich Sport treiben oder will ich auf dem Sofa faulenzen? Will ich lieber Fahrrad fahren gehen, sollte aber die Steuererklärung machen … Wir bewegen uns ständig zwischen diesen Polen und normalerweise können wir die Ambivalenz gut auflösen. Wir bedienen mal die eine Seite, dann wieder die andere; sind geschäftig und gönnen uns unsere Pausen.
Problematisch kann es werden, wenn wir fast ohne Ausnahme nur eine dieser Optionen/Seiten bedienen und unser Leben so leben, als ob die andere Option nicht einmal existieren würde:
So beschreiben viele Menschen ihr Leiden mit der "Soll-Seite". "Ich war immer brav, habe gemacht, was die anderen von mir erwarten". "Ich fühle mich wie ein Sklave meines Gewissens. Ich kann mich nicht ausruhen, obwohl ich es will". "Ich würde das Leben so sehr genießen, aber ich weiß nicht mehr, was ich mag". Das Risiko einzugehen, die eigenen Wünsche und Sehnsüchte ernst zu nehmen, wäre für diese Menschen eine Bereicherung.
Personen mit einem starken Übergewicht auf der "Will-Seite" haben oft mit den Folgen ihres hedonistischen Verhaltens zu tun. "Ich habe mein Studium, Partner, Familie, Steuererklärung, Fitness, Gesundheit … vernachlässigt und es hat mich eingeholt". "Ich wusste es, aber ich wollte es nicht wahrnehmen". "Früher habe ich alles für andere getan, jetzt geht es nur noch um mich".
Wer nach dem Motto "Es geht nur um mich" lebt, läuft Gefahr ausgeschlossen zu werden und Kontakte zu verlieren. Denn richten wir uns nur nach dem eigenen wollen, erleben die Menschen in unserer Umgebung Enttäuschung, weil sie auf uns gezählt haben und wir sie im Stich gelassen haben. Wer (wieder) dazugehören möchte, sollte nach dem alten Grundsatz von "Geben und Nehmen" handeln.
Ob "sollen" oder "wollen": Platz zu schaffen für die Seite in uns, die wir am wenigsten kennen oder nutzen, kann unser Selbstbild verändern und uns zu Neuem verhelfen.
Valeria Madrid
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