Ein Nasenspray, ein Vortrag und eine Umarmung
Collage aus Bildern von S. Hofschlaeger_Jorma Bork_pixelio.de
Frau Dr. Ditzen sprach über die Ergebnisse der Forschung in der Psychobiologie zum Thema Bindung. Nun, das klingt nicht sofort nach Liebe, Knuddeln oder Zärtlichkeit, aber tatsächlich ginge es am Ende genau darum.
Die wissenschaftlichen Informationen waren reichlich und komplex: Neuroendokrinfaktoren und ihr Einfluss in der Paarinteraktion, Oxytocin und seine Rolle bei der Dämpfung des Cortisolpegels im Blut, der wiederum den Stresslevel einer Person wiederspiegelt.
Dr. Ditzen gelang es, die langjährige Arbeit ihres Teams in verständlicher Sprache zu referieren. Was mir bis heute im Kopf geblieben ist: Zuwendung, die Hand des anderen nehmen, wenn er leidet, loben - all das hilft die Stressreaktionen zu reduzieren. Und dies ist keine Vermutung, sondern lässt sich durch physiologische Fakten nachweisen.
Unter Stress verlaufen in unserem Körper eine lange Kette von Hormonreaktionen, die uns auf den Modus "Kampf oder Flucht" vorbereiten. Wir sind spät dran für einen Termin und stehen im Stau; der Zahnarzt hat gerade eine fällige Wurzelkanalbehandlung angekündigt oder unser Fußballteam steht kurz vor dem Abstieg, jenseits der dritten Liga… In diesen und vielen anderen Frust- oder Angstsituationen reagiert unser Körper zuverlässig mit einer Hormonkaskade. Der Cortisolspiegel im Blut oder Speichel ist erhöht. Auf die Dauer schädigt das unseren Körper und beeinträchtigt unser seelisches Wohlbefinden.
Wo ist nun die Verbindung zum "Händchen halten"? Es wurde bewiesen, dass das Hormon Oxytocin indirekt einen Einfluss auf den Cortisolspiegel hat. Oxytocin wird in unserem Körper produziert wenn wir in innigem sozialem Kontakt sind. Mütter beim Stillen der Babys, Menschen, die sich umarmen oder Paare die sich in die Augen schauen, produzieren dieses wunderbare Hormon.
Dr. Ditzen und ihr Team untersuchten die Wechselwirkungen durch Versuchsreihen:
So wurde in einer Untersuchung der Hälfte der Probanden Oxytocin als Spray nasal gegeben. Alle Paare unterhielten sich danach über ihre typischen Konfliktthemen.
In einem anderen Experiment berührten Frauen die Hände ihrer Partner, bevor diese einen kleinen - im Vorfeld angekündigten - Stromschlag bekamen.
Die Analyse dieser Forschungen ist sehr differenziert und sprengt den Rahmen eines Essays, aber es gab eindeutig Zeichen von positiver Regulation des Verhaltens und der physiologischen Stressreaktion auf Grund der Erhöhung des Oxytocin. Klar, auch andere Faktoren spielten eine Rolle, z.B. die Qualität der Konfliktlösungsstrategie, die die Paare hatten. Aber trotzdem lässt sich feststellen, dass die Hormone ihr Erleben beeinflussten.
Vielleicht ist meine gedankliche Schlussfolgerung wissenschaftlich nicht ganz akkurat, aber ich meine: Wenn wir uns umarmen, stärken wir unsere Bindung zueinander, helfen uns selbst zufriedener in unserer Partnerschaft zu sein, machen etwas Gutes um unseren Stress zu regulieren. Wir haben selten ein Oxytocin Spray in der Tasche, aber Menschen, denen wir unsere Zuwendung geben können, gibt es doch rundherum, und das ohne Nebenwirkungen.
Valeria Madrid
Weiterführende Literatur (englisch):
Psychobiology of social Support: The social dimension of stress buffering
B. Ditzen; M Heinrichs; Restorative neurology and neuroscience 32, (2014) 149-162.
Dyadic coping and its underlaying neuroendocrine mechanisms - implications for stress regulation
A. Zietlow, M. Eckstein, C. Hernandez, N. Nonnenmacher, M. Sachaer, G. Bodenmann, M. Heinrichs, B. Ditzen. Frontiers in Psychologie / www.frontiersin.org
Mehr Information über Frau Dr. Ditzen finden Sie unter: https://www.marsilius-kolleg.uni-heidelberg.de/fellows/ditzen.html
Siehe auch "Der Zauber der Hände" von Barbara Fank-Landkammer