Kurzschluss trotz Liebe
Um eigene Anspannung angemessen zu regulieren zu können, müssen wir rechtzeitig wahrnehmen, wie unsere körperliche Spannung steigt. Achten Sie auf:
- Erhöhten Puls, messbar am Herz oder den Handgelenken
- Kopfschmerzen
- Der Hals ist wie zugeschnürt
- Druck auf der Brust
- Magenschmerzen
- Kiefer und Zähne sind zusammengepresst
- Die Hände geballt
- Unruhiges Hin- und Hergehen
- ………………..
Unser Körper kann uns sehr direkt signalisieren, dass wir unter Strom stehen. Umgekehrt können wir über ihn auch Spannung abbauen. Oder wir nutzen unsere kognitive Vorstellung, um wieder runter zu kommen.
Wichtig ist die Unterbrechung. Nicht über den Spannungsanlass nachgrübeln (da bleibt die Anspannung erhalten), sondern körperlich gegenreagieren.
Es gibt kurz-, mittel- und langfristige Strategien.
Kurzfristige, akute Strategien
(Jederzeit, überall und unauffällig anwendbar)
- Langsames Atmen (ein paar langsame Atemzüge - normales Atmen - ein paar langsame Atemzüge, Schwerpunkt auf Ausatmen legen)
- Langsam von ein-und-zwanzig (Silben betonen) bis dreißig zählen
- Sich selbst einen kurzen positiven Satz sagen, "Ich schaff es" oder "Es wird gut" oder "Es geht vorbei"
- Sich etwas Schönes vorstellen: eine Urlaubserinnerung, schöne Landschaft, positives Foto und dabei verweilen
- Innerlich die Lieblingsmelodie hören oder summen
- ……………
Mittelfristige Strategien
- Ruhige Musik hören oder selbst machen
- Etwas Schönes anschauen, ein Bild, eine Zeitschrift
- Aus dem Raum gehen, vorher aber das Wiederkommen signalisieren: Lass uns unterbrechen. Ich gehe mal kurz auf den Balkon. Danach können wir weiterreden. Wann geht es bei Dir?
- Die nächste Pause/Ruhezeit einplanen
- Sich bewegen
- …………………
Langfristige Strategien
(verringern langfristig eine dauerhaft erhöhte körperliche Spannung, führen zu einem optimaleren Spannungsniveau; entscheidend ist die Regelmäßigkeit des Übens)
- Yoga
- Autogenes Training
- Sport, möglichst mit wenig Leistungsgedanke
- Meditation
- Achtsamkeitstraining
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Die Strategien sind umso erfolgreicher, je früher sie beim Anschwellen der Spannung eingesetzt werden. Ist der Stress zu groß geworden, erreichen wir den sogenannten "Point of no Return". Hier schaltet die funktionale Großhirnsteuerung (Wissen, Erfahrung, Klugheit/Vernunft, Einfühlung in sich und andere) um und gibt an das Stammhirn ab. Dieses kennt nur noch die drei Alternativen Angriff, Flucht oder Starre. Wir gehen psychisch in einen "Überlebensmodus", der wenig Zugang zu unseren Fähigkeiten für eine konstruktive Konfliktlösung hat. Unsere Wahrnehmung reduziert sich auf den berühmten Tunnelblick. So brauchen wir deutlich länger, um wieder beziehungsfähig zu sein.
Für eine gelingende Paarbeziehung ist die eigene Spannungsregulierung ein goldener Weg. Beide übernehmen Verantwortung für ihre Reaktionen und hören auf, das Gegenüber verantwortlich zu machen. Und beide erleben, dass sie dem Stress nicht hilflos ausgeliefert sind, sondern konstruktiv damit umgehen können, indem die eigene Spannungsspirale unterbrochen wird.
Wir kommen wieder mehr ins Lot, sind besser in der Eigenwahrnehmung und im Einfühlen in die Situation des anderen. Und entspannter kommen einfach die besseren Ideen …
Petra Peitgen-Hoffmann / Barbara Fank-Landkammer